Freitag, 10. Dezember 2010
Wichtiger Artikel in der FAZ
Sehr zwiespältig finde ich diesen Artikel, (link am ende dieses Absatzes) denn obwohl viel Wahres drinsteht, weiß ich nicht, ob es so schlau ist, die verzweifelten Elten zum offenen Widerstand aufzurufen. Eltern sind erpressbar und zutiefst verletzlich über ihre Kinder, und ich verbringe einen Gutteil der mehreren Stunden pro Woche, die ich mit diesen Eltern telefoniere, mit Fällen, die wegen kleinster Unregelmäßigkeiten oder eben durchaus auch wegen Freilernen, massiv vom Jugendamt bedroht werden, und bei Sorgerechtsentzug hört der Spaß nun wirklich auf.
http://www.faz.net/s/RubCD175863466D41BB9A6A93D460B81174/Doc~E8362444D3DB442DA97CA9B0C8E06A916~ATpl~Ecommon~Scontent.html


Wir haben in Deutschland inzwischen ein Klima, wo selbst hochgebildeten, zur Oberklasse gehörenden Akademikereltern (nicht dass das etwas beweisen würde, aber es war früher noch ein gewisser Schutz) mit dem Jugendamt gedroht wird, wenn sie ihren Zweijährigen nicht zum Logopäden schicken, weil er weniger als die genormten 50 Worte spricht. (Albert Einstein hat übrigens erst mit sechs Jahren richtig angefangen zu sprechen.)
Solche zwangsweisen Erziehungs- und Fördermaßnahmen sind inzwischen an der Tagesordnung, und immer steht im Hintergrund bei "Weigerung" das Jugendamt. Denn praktischerweise ist ja vor einigen Jahren §1666 BGB geändert worden, und jetzt reicht es schon zum Sorgerechtsentzug, wenn ein Mitarbeiter des Jugendamtes den Eindruck hat, das Kind könne "woanders besser gefördert" werden.
Das ist nicht das Klima, um offenen Widerstand zu leisten und sich als Freilerner zu outen!

Andererseits wächst auch innerhalb des Schulsystems die Erkenntnis, wie viel Schaden der Schulzwang bei vielen Kindern anrichtet, und die Bereitschaft, ein Auge zuzudrücken. Hier ist Zivilcourage dringend am Platze, denn wenn ein Lehrer oder Schulleiter es geschehen lässt, dass ein Kind bei der ihm bekannten Familie zu Hause lernt, weil die betreffende Akte verlegt wurde oder hinter einen Schrank rutscht, bekommt er, falls das jemals herauskommen sollte schlimmstenfalls ein bisschen Ärger oder eine Abmahnung, während
für die Familie buchstäblich alles auf dem Spiel steht. Auch der Arzt, der ein sensibles, an der Schule leidendes Kind aus gutbehüteter Umgebung großzügig krankschreibt, riskiert nicht gerade Kopf und Kragen. Hier ist Zivilcourage angebracht, angemessen und dringend erforderlich, nicht bei den Eltern, die mit einem Coming Out das Sorgerecht riskieren würden und eh schon durch viele Ängste gehen müssen, bevor sie sich zur Illegalität durchringen.

Die Hoffnung vieler Eltern bzw. ihrer Kinder ruht auf solchen verantwortungsbewussten, sich nicht starr an Vorschriften haltenden, wahrhaft für das Wohl der Kinder engagierten Menschen, seien sie in der Schule, im Jugendamt, in der Schulbehörde, in der Arztpraxis oder im Einwohnermeldeamt tätig. Sie sind Gottseidank häufiger, als ich früher gedacht hätte, und je verzweifelter die Situation in KiTas und Schulen wird, je größer die Not der Kinder und je entschlossener die Regierenden unbelehrbar in Richtung kollektivistische Zwangserziehung marschieren, desto mehr werden es. Das macht mir Mut!

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